Koexistenz mit der Hamas ist ebenso unmöglich wie Frieden mit den Palästinensern

Der 7. Oktober hat verschiedene politische Paradigmen nicht nur infrage gestellt, sondern zerstört. An erster Stelle eines, das keineswegs nur Europäer wie Angela Merkel, Emanuel Macron und Barack Obama geglaubt haben, sondern auch Teile der israelischen Gesellschaft: dass die Islamische Republik Iran und ihre Proxys Hamas, Hisbollah oder Huthi eingedämmt, besänftigt oder irgendwie sonst appeast werden könnten, obwohl diese nicht einfach nur verkünden, dass alle Juden umgebracht werden sollen, sondern das auch betreiben, wo immer sie die Möglichkeit dazu haben. Anders als mancher es glauben wollte, war die Hamas keineswegs damit zufrieden, in Gaza die eigene Machtbasis zu konsolidieren und sich am Geld aus Katar, Europa, den USA und dem Rest der Welt zu bereichern. Dass sie es mit einer längeren Phase der relativen Zurückhaltung geschafft hat, auch in Israel beträchtliche Teile der Sicherheitsorgane davon zu überzeugen, dass sie derzeit nicht auf Konfrontation aus sei, war für den mörderischen Erfolg des Angriffs maßgeblich. Obwohl sich bei den Palästinensern seit dem Pogrom in Hebron im Jahr 1929 nichts getan hat, die viehische Brutalität der Al-Aqsa-Intifada noch in Erinnerung sein müsste und die Hamas aus ihren Absichten nie ein Hehl gemacht hat, wurden Güter wie Wasserrohre, Beton, Fahrzeuge usw. geliefert, die Bevölkerung in Gaza mit Lebensmitteln, Wasser und Strom versorgt und Tausende hatten sogar eine Arbeitserlaubnis in Israel, verließen also täglich das vermeintlich „größte Freiluftgefängnis der Welt“ (deutsche Medien), um den Feind auszuspionieren und den Angriff vorzubereiten.

Der Yom-Kippur-Krieg ist für Israel deswegen so bedeutsam, weil es den Feinden gelungen war, zuerst und überraschend zuzuschlagen. Die militärische Überlegenheit, wie sie im offensiv geführten Sechstagekrieg gezeigt wurde, werde sie schon abschrecken, so war die Denkweise, die beinahe zur Katastrophe geführt hat. Als Fehler muss nach dem 7. Oktober angesehen werden, dass viele Israelis unter internationalem Druck genau 50 Jahre später diese fatale Sichtweise wieder adaptiert hatten. Zumindest rückblickend sollte klar sein, dass auf rein defensive Maßnahmen wie einen nicht besonders stabilen, alarmgesicherten Zaun, das Raketenabwehrsystem Iron Dome, das Aufspüren von Tunneln auf israelisches Gebiet sowie gelegentliches Erwidern des Raketenfeuers kein Verlass sein kann, wenn man es mit Menschen zu tun hat, die jeden Juden umbringen wollen, den sie finden können. Kein technisches Abwehrsystem und kein Geheimdienst ist unfehlbar; es wird immer Tage geben, an denen die Besatzung an der Grenze aufgrund von Ferien, Feiertagen, Sabbat, anderer Bedrohungslagen usw. schwächer bewacht ist als sonst. Der einzige Weg, Ereignisse wie am 7. Oktober zu verhindern, hätte darin bestanden, sich über die Hamas und ihre Ziele auch während einer relativen Hudna keine Illusionen zu machen und etwa die Kämpfer, die jenseits der Grenze unter den Augen der Israelis an einem selbstgebauten Modell die Erstürmung eines Kibbuz trainierten, bei solchen Trainings oder den regelmäßig stattfindenden Militärparaden gezielt zu liquidieren, bevor sie ihr Mordwerk überhaupt verrichten konnten.

Redaktion Bahamas – Tödliche Illusionen (redaktion-bahamas.org)