Über die Viralität des Bösen- Statt eines Nachrufs auf Gunnar Kaiser

Deutschland, das einstige Land der Philosophen, hat heute nur noch Richard David Precht zu bieten? Nein, aber leider ist der wahre Philosoph Gunnar Kaiser viel zu früh von uns gegangen. In seinem letzten Buch geht Kaiser der Frage nach, wie passieren konnte, dass die Mehrheit der Bürger unserer Gesellschaft sich widerstandslos zu Untertanen machen ließ, denen ihre verfassungsgemäßen Grundrechte nur noch als Belohnung für Gehorsam und Wohlverhalten zugeteilt wurden.

Kaiser beginnt mit einem überraschenden Geständnis: „Seit ich etwas werden wollte, wollte ich berühmt werden.“ Er war auf dem besten Wege dazu, hatte schon einen Namen in den entscheidenden Zirkeln, die Berühmtheit fördern. Da kam ihm etwas dazwischen, was einer der letzten unberechenbaren Faktoren menschlicher Individualität ist: Sein Gewissen. Als sein Abweichlertum spürbar wurde, fragte ihn sein Literaturagent: „Willst du deinem Gewissen folgen, oder willst du auf der Party bleiben?“ Kaiser entschied sich für sein Gewissen und wurde für viele Andersdenkende zur Leitfigur, für viele Suchende eine wertvolle Orientierung. Was seine philosophischen Lektionen betrifft, eine Quelle der Bildung.

Er beobachtete aufmerksam die schleichende Entwicklung in der Corona-Krise hin zu einem totalitären biopolitischen Verordnungsstaat. Er wies zum Schluss immer wieder darauf hin, dass die Gefahr keineswegs gebannt war, nachdem die Corona-Erzählung, wie es neudeutsch heißt – die PCR-Tests, die Überlastung der Intensivstationen, die Mortalitätsrate, die Notwendigkeit von Masken, Schulen und Kindergärten als Treiber der Pandemie, moralischer Impfzwang und Lockdown – sich vollständig als falsch erwiesen hat.

Kaiser zeigt, dass die eigentliche Gefahr, die den Aufstieg des Totalitarismus ermöglicht, die Passivität der Mehrheitsgesellschaft ist. Im Fall Corona geht er der Frage nach, wie es sein kann, dass alle Zweifel an der so genannten Corona-Politik schon in den ersten Wochen dieser politisch inszenierten Pandemie geäußert wurden, aber nicht gegen die Corona-Propaganda durchdrangen. Das lag nur zum Teil an der rigorosen Unterdrückung der Gegenstimmen, die sich mehrheitlich nicht einschüchtern ließen, sondern an der Bereitschaft der Mehrheit, den politischen Entscheidungen gehorsam zu folgen. Wie konnte das in unserer freiheitlichen Gesellschaft, in der alle nötigen Informationen verfügbar waren, dazu kommen?

Die wahre Epidemie sie die Psychose der Massen, konstatiert Kaiser und trägt unzählige Beispiele für die Richtigkeit seiner These zusammen. Ausgelöst wird diese Psychose vor allem durch Angst. In einer scheinbar lebensbedrohlichen Situation, die das angebliche „Killervirus“ geschaffen hat, sind allzu viele Menschen bereit, ihre Freiheit für vermeintliche Sicherheit aufzugeben. Die Corona-Erzählung kreierte eine solche Gefahr. Kaisers These ist, dass sie alle Merkmale eines Kults trägt.

„Man sagt etwa „trust the science”. Oder es heißt, es gebe einen “Wissenschaftskonsens“; was man damit meint, ist aber die Unhinterfragbarkeit eines Dogmas. Wer dann Fakten, die diesem Weltbild widersprechen, anbringt, gilt als Wissenschaftsleugner…Der Inhalt dieser Erzählung ist dabei völlig zweitrangig. Der dieser Dynamik zugrunde liegende Mechanismus ist auf jeden Inhalt beliebig anwendbar. Auch der Feind ist im Grunde zweitrangig. Er kann sogar wechseln.“

Die Gültigkeit dieser Erkenntnis konnten wir alle erleben: Schon nach wenigen Wochen wurde von Leuten wie Luisa Neubauer die Frage gestellt, ob man Corona-Maßnahmen auch auf den Klimaschutz übertragen könnte. Im WEF (Weltwirtschaftsforum) wird bereits die Frage diskutiert, ob nach dem gescheiterten Corona-Experiment – „the golden opportunity“ (Prince Charles) zum Umbau der Gesellschaft in einen Weltstaat, die Klimakatastrophe ein zu schwaches Argument sei. Wasserknappheit wäre ein Thema, das viel näher an den Menschen sei, denn jeder brauche Wasser zum Trinken.

„Besonders perfide wirkt die Rhetorik des „Follow the Science“ oder „Trust Science“, beides genuin antiwissenschaftliche Slogans, die von Influencern oder bezahlten Journalisten verwendet werden, um berechtigte Zweifel an politischen Verlautbarungen als „Wissenschaftsleugnung“ darzustellen.“ Das wirklich gefährliche am aktuellen Versuch der schleichenden Totalisierung ist, dass sie global vorangetrieben wird. Das ist neu. Bisherige Totalitäre Diktaturen waren auf bestimmte Gebiete beschränkt.

Eingehend untersucht Kaiser die Rolle der Intellektuellen, die aktiv die politischen Narrative übernommen haben, ohne sie zu hinterfragen. Das ist ein Verrat an der freien, offenen Gesellschaft, denn es befördert ihre Verwandlung in die Neue Normalität. Die Corona-Maßnahmen an sich kann man rückgängig machen, was ja auch geschehen ist.

„Was man jedoch schwer rückgängig machen kann, ist die Veränderung der gesellschaftlichen Mentalität, die sich vor unseren Augen vollzieht. Nicht nur, dass maximalinvasive Verordnungen beinahe klaglos hingenommen werden, sie werden auch als alternativlos verteidigt. So verschieben sich die Grundlinien unserer Vorstellungen von einem funktionierenden Gemeinwesen hin zur Neuen Normalität eines dauerüberwachten entmündigten Bürgers…“

Dieser Prozess hat nicht erst mit Corona begonnen, sondern hat sich in den Jahren der angeblichen Pandemie nur rasant beschleunigt. Kaiser legt die philosophischen Wurzeln bloß, die bis zum Philosophen René Descartes reichen. „schon in Descartes entseelter Natur ist ja der menschliche Körper nichts als eine Maschine, die entsprechend von einem kundigen Ingenieur-Arzt erfolgreich gewartet werden kann.“ Und: „Nach der Entseelung der Himmelskörper, der Pflanzen und der Tiere im aufkommenden Cartesianismus gibt es nur einen kleinen Bereich in einer dualistischen Welt, der dem Materiellen vorerst entzogen bleibt; den des menschlichen Bewusstseins…“ In unserem technologischen Zeitalter werden auch das Bewusstsein und die menschliche Seele „dem forschenden Zugriff von „Sachverständigen“ ausgesetzt. Die Unterjochung der Natur wird mehr und mehr zur Unterjochung des Menschen durch den Menschen.“

Kaisers Schlussfolgerung: Nicht mehr Kommunismus, Faschismus und Nationalsozialismus sind die zukünftige Gefahr, sondern eine unkontrollierte Technokratie. Diese Technokratie arbeitet nicht mit äußerer Gewalt, sondern bietet ein Weltbild an, in dem „Gruppenzugehörigkeit, Fortschrittsgläubigkeit und eine Autorität Linderung und Sicherheit vor der kalten Grausamkeit“ der realen Welt anbietet. Kaiser nennt die neue Ideologie „Kult“.

„Mit der Konsolidierung der Hegemonie des Kults bringen sich neue Weltsicht und neuer Mensch gegenseitig hervor.“ Am Ende stimmt die gehorsame Menge ihrer Selbstabschaffung zu. Schließlich hat der dem WEF-Chef Klaus Schwab nahestehende Ideologe Yuval Harari bereits vor Jahren in seinem Buch „Homo Deus“ die Frage gestellt, was, nachdem die KI voll entwickelt ist und auch die Produktionsprozesse übernommen hat, mit den vielen überflüssig gewordenen Menschen passieren soll. Wenn man dann weiß, dass eine wachsende Anzahl von Klimaideologen den Menschen als Klimakiller ansieht, bekommt man Gänsehaut, wenn man über die möglichen Konsequenzen nachdenkt. Es gibt ein historisches Beispiel, wie verheerend Auswirkungen von „Wissenschaft“ sein können. Erst entwickelten die Eugeniker der gesamten westlichen Welt die Wissenschaft vom „lebensunwerten Leben“, die dann von den Nazis in die Praxis umgesetzt wurde, beginnend mit der Vernichtung von Behinderten, kulminierend in die Vernichtung von Juden und Zigeunern. Als nach dem Zweiten Weltkrieg das Ausmaß des Grauens, das diese „Wissenschaft“ hervorgebracht hat, sichtbar wurde, wollte niemand mehr Eugeniker gewesen sein. Ich nenne nur drei Vertreter: George Bernhard Shaw (bekannter Schriftsteller), Leland Stanford (Gründer der gleichnamigen Universität) und Maurice Thorez (Politiker, Generalsekretär der Kommunistischen Partei Frankreichs 1946/47).

Denen, die Gehorsam fordern, muss unser Ungehorsam entgegengesetzt werden. „Jedes Nein zu angemaßten Autoritäten ist ein Ja zu sich selbst. Der Ungehorsam ist die „Bejahung der eigenen Vernunft, des eigenen Willens und der eigenen Freiheit. Der Ungehorsam bejaht das eigene Leben.“

Es ist schon mehr nötig, als den Anfängen zu wehren, wir müssen den aktuellen Prozess hin zum neuen Totalitarismus sofort stoppen. Gunnar Kaiser hat mit seiner hellsichtigen Analyse die Grundlagen dafür geliefert.

Gunnar Kaiser: Der Kult – Über die Viralität des Bösen 

Über die Viralität des Bösen- Statt eines Nachrufs auf Gunnar Kaiser – Vera Lengsfeld (vera-lengsfeld.de)