Gesinnungsschnüffelei statt Rechtsstaatlichkeit

Seit einem Jahr hat Berlin einen neuen Touristenmagnet. Das Berliner Schloss zieht seit seiner Eröffnung Besucher magisch an. Man denkt, dies müsste ein Grund zur Freude sein. Weit gefehlt. Den notorischen Schlossgegnern ist dieser Zuspruch ein Dorn im Auge. Sie haben noch immer nicht verwunden, den Kampf verloren zu haben und versuchen immer wieder, den Erfolg madig zu machen.

Eine der perfidesten jüngsten Kampagnen wurde von dem bekennenden Schlossfeind Philipp Oswalt im Berliner „Tagesspiegel“ angestoßen.

Oswalt, macht seit Jahren dem Schlossverein unberechtigte Vorwürfe. Zum Beispiel behauptete er 2009 der Förderverein Berliner Schloss bediene sich undurchsichtiger Praktiken beim Umgang mit den Spenden, die er für die Rekonstruktion der Schlossfassade sammelt. Es war die Rede von “Unregelmäßigkeiten in der Geschäftsführung des Fördervereins und fragwürdiger Kostenschätzung für die Fassadenrekonstruktion”.

Es würde keinesfalls das Ziel, 80 Millionen Euro einzuwerben, erreicht. Der grüne Bundestagsabgeordnete Peter Hettlich sekundierte ihm in der TAZ, “dass zum Schluss der Bund allein auf den Kosten sitzen bleibt”.

Wie inzwischen glasklar ist, hat die Wirklichkeit diese Vorwürfe sichtbar widerlegt. Die über 40 000 Spender haben mehr als 105 000 000 € gegeben und es wird weiter gesammelt, um die fehlende Million für die Figuren im Schlüterhof aufzubringen.

Statt diesem bürgerschaftlichen Engagement Respekt zu zollen und als Architekt die unzweifelhafte Aufwertung des Stadtbildes durch das Schloss anzuerkennen, versuchte Oswalt, die Spender in den Dreck zu ziehen. Ein Teil von ihnen sei rechtslastig. Leider sprangen mehrere Altmedien auf diesen Zug auf. Der Vorstand des Humboldt-Forums knickte ein und verlangte vom Förderverein, die von Oswalt denunzierten Spender aus der Spenderliste und der Spenderehrung zu streichen, sowie ihnen ihre Spende zurückzuüberweisen. Das der Vorstand damit zu einem Rechtsbruch aufforderte, war ihm offensichtlich nicht bewusst, oder egal. Es ist aber alles andere als eine Kleinigkeit, wenn der Vorstand einer öffentlich-rechtlichen Stiftung zweifach zur Missachtung der Gesetze auffordert. Es geht um die Aushebelung der Datenschutzgesetze zum Schutz der Privatsphäre der Bürger und der vom Finanzministerium festgelegten Richtlinien zum Umgang mit durch Zuwendungsbestätigung gemeinnützig gemachten Spendengeldern. Eine Rückgabe der Spenden hätte automatisch Steuerhinterziehung zur Folge, denn die Zuwendungen konnten ja steuerlich geltend gemacht werden.

Zudem forderte der Vorstand der Humboldt-Stiftung den Förderverein auf, seine Spender zu überprüfen und „rechtslastige“ auszusortieren. Zum Glück wies der Förderverein diese Aufforderung zur Gesinnungsschnüffelei zurück:

„Diesem Affront werden wir uns auf keinen Fall fügen, sowohl aus rechtlicher Überzeugung, als vor allem auch, weil wir es niemals zulassen werden, dass die Rechtschaffenheit unserer Spender durch Gesinnungsschnüffelei in Frage gestellt wird“.

Damit gibt der Förderverein ein Beispiel, wie man mit solchen Denunziationskampagnen umgehen muss.

Professor Richard Schröder weist in der neuesten Ausgabe des „Berliner Extrablattes“, das als Zeitung des Fördervereins nicht im Humboldt-Forum ausgelegt werden darf, darauf hin, dass bisher alle Versuche, in der Bundesrepublik Gesinnungsschnüffelei zu etablieren, gescheitert sind. Sei es bei den Wehrdienstverweigerern oder beim Radikalenerlass. Gesinnungsschnüffelei war in der DDR auf der Tagesordnung, eine Tradition, in die sich das Humboldt-Forum nicht stellen sollte.

Der Vorstand des Humboldt-Forums beruft sich bei seiner Forderung auf seine Spendenrichtlinien, die der Förderverein übernommen hätte. In diesen Spendenrichtlinien, die im Internet einsehbar sind, und die konzipiert wurden, um illegale Finanztransaktionen von Spendengeldern zu unterbinden, findet sich keinerlei Hinweis auf den Umgang mit angeblich „rechtslastigen“ Spendern. Einen Brief des Fördervereins, der darauf hinwies und um Richtlinien bat, wie denn verfahren werden sollte, blieb unbeantwortet.

Zudem wurden die Richtlinien erst 2012 erstellt. Einer der von Oswalt monierten Spender, Dieter Stein und die von ihm gegründete „Junge Freiheit“ haben aber schon 2011 gespendet. Auch der falsche Vorwurf, die JF sei so etwas wie die Parteizeitung der AfD, ist eine Erfindung von Oswalt, denn die AfD gab es 2011 noch nicht. Jeder, der einmal in eine aktuelle Ausgabe der Zeitung geschaut hat, die an jedem Kiosk erhältlich ist, weil gerichtlich bestätigt wurde, dass die zeitweilige Beobachtung durch den Verfassungsschutz nicht gerechtfertigt war, weiß, dass Dieter Stein ein scharfer Kritiker der Partei, besonders des Höcke-Flügels ist.

Aber mit den Fakten nimmt es Oswalt sowieso nicht genau. Von Erhardt Bödecker behauptet er, dieser habe in seinem Buch geschrieben, die Reeducation der Siegermächte nach dem Zweiten Weltkrieg „sei den Juden zuzuschreiben“, da sie „auf den Einfluss der in die USA exilierten jüdischen Soziologen der Frankfurter Schule zurückzuführen sei“. In dem Buch findet sich eine solche Bemerkung allerdings nicht, nur der Hinweis auf Adorno und Horkheimer als Soziologen. Das „jüdische“ hat Oswalt dazu erfunden, um den gewünschten antisemitischen Effekt zu erzielen. Weder Adorno noch Horkheimer würden bestreiten, dass sie Anteil am notwendigen Reeducation-Programm hatten.

Oswalt führt das Publikum also in die Irre, um seine Ziele zu erreichen. Und der „Tagesspiegel“ bietet ihm ungeprüft eine Plattform.

Professor Richard Schröder erinnert in seiner Auseinandersetzung mit Oswalt an die Verfolgung der „Volksfeinde“ während des Terrors des Wohlfahrtsausschusses am Ende der Französischen Revolution und des Stalinismus. Das sind Zeiten und Methoden, die wir mit Recht überwunden glaubten und deren Wiederkehr wir uns mit ganzer Kraft widersetzen sollten .

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