Zwiespältig: Deutsche wollen viel Staat, beklagen aber Übergriffigkeit

Die Erwartungshaltung an den Staat wird immer größer. Und der nimmt die Einladung an – mehr als es den Deutschen lieb ist.
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Es ist schizophren: Die Mehrheit der Deutschen ist laut einer aktuellen Allensbach-Umfrage im Auftrag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) für mehr Staat denn je.

Positive Einstellung gegenüber dem Staat

Demnach antworteten auf die Frage „Ist Ihnen der Gedanke an den Staat eher sympathisch oder eher unsympathisch?“ vor 30 Jahren 35 Prozent der Befragten mit sympathisch. Heute sind es 44 Prozent. Früher fanden 34 Prozent den Gedanken unsympathisch, heute sind es nur noch 18 Prozent. Die Deutschen stehen ihrem Staat also zunehmend positiv gegenüber.

Ja, sie erwarten auch viel Staat. Er sei laut der Befragten zuständig für den Schutz vor Verbrechen (94 Prozent) für gute Schulen und Universitäten (94 bzw. 82 Prozent), ja sogar für die wirtschaftliche Entwicklung (80 Prozent) und den Schutz vor Inflation (79 Prozent).

Zu viel Regulierung…

Doch gleichzeitig beklagen die Deutschen die zunehmende Übergriffigkeit des Staates, der die positive Grundstimmung wie eine Einladung interpretiert, sich in die intimsten Angelegenheiten der Bürger einzumischen – und vor allem alles reguliert. Das will man dann doch nicht.

Hatten vor zwölf Jahren erst 43 Prozent „den Eindruck, dass der Staat immer mehr regelt, immer stärker in die persönliche Freiheit der Bürger eingreift“, so sind es heute fast zwei Drittel (61 Prozent), die diesen Eindruck haben. Gleichzeitig sank der Anteil derjenigen, der diesen Eindruck nicht hatten, nämlich von 39 auf 23 Prozent.

… und wenig Regulierung

Seit zehn Jahren nimmt der Anteil derjenigen zu, die sagen, es gebe zu viele Regeln: Bei der Energieeffizienz von Häusern von 44 auf 70 Prozent, bei „Vorgaben für die Wirtschaft“ von 34 auf 54 Prozent, beim Ausbau erneuerbarer Energien (seit 2015) von 27 Prozent auf 51 Prozent. Mehr staatliche Regulierung wünschen sich die Menschen vor allem bei der Einwanderung (78 Prozent), im Internet (69 Prozent) und beim Thema Lebensmittelsicherheit (66 Prozent).

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