Wiederkehr des Vernaderertums

In Österreich wurde die EU-Richtlinie 2019/1937 (bekannt als EU-Whistleblowing-Richtline) mit der hierzulande unterwürfigen Ergebenheit gegenüber den Herrschaften in Brüssel und selbstredend brav gegendert mit dem HinweisgeberInnenschutzgesetz; BGBl. I Nr. 6/2023) umgesetzt und mit 25. Februar 2023 in Kraft gesetzt. Ziel sind Unternehmen ab fünfzig Mitarbeitern.

Dies mit besonderen Bestimmungen zum Schutz der Whistleblower (Denunzianten); zum Beispiel im § 23: In gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren, in denen eine Hinweisgeberin oder ein Hinweisgeber geltend macht, durch eine der im § 20 genannten Maßnahmen als Folge eines Hinweises benachteiligt worden zu sein, ist glaubhaft zu machen, dass die Maßnahme als Vergeltung für den Hinweis erfolgte. Der Denunziant braucht also keineswegs zu beweisen, dass zum Beispiel die Kündigung des Arbeitgebers wegen seines Verhaltens erfolgt ist, sondern muss das bloß glaubhaft machen. Das geht in Richtung Beweislastumkehr, wie bereits in Vorarlberg verwirklicht.

Dort peitschen die schwarz-grünen Machthaber bereits im Vorjahr ein entsprechendes Gesetz durch den Bregenzer Landtag (LGBl. Nr. 37/2022); in jenem „Gesetz über den Schutz bei Meldungen von Rechtsverstößen“ heißt es im § 16 Absatz 4 (gerafft): „In verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren, in denen die hinweisgebende Person … geltend macht, durch eine Maßnahme als Reaktion auf eine Meldung … benachteiligt worden zu sein, wird vermutet, dass die Benachteiligung eine Repressalie für eine solche Meldung oder Offenlegung war. Der Person, der die ergriffene Maßnahme zuzurechnen ist, obliegt es zu beweisen, dass die Maßnahme durch hinreichende Gründe gerechtfertigt war.“

Mit anderen Worten: Beweislastumkehr zu Lasten des Arbeitgebers. Ein besonders perfides Instrument. Denn seit der Antike gilt der Rechtsgrundsatz, dass derjenige, der etwas behauptet, dies auch unter Beweis stellen muss. Soweit zur Lage in Österreich.

In der Bundesrepublik ist die Ampel-Koalition etwas später dran, das entsprechende nationale Gesetz gilt ab Juli dieses Jahres. Während bei uns seitens der Regime-Medien praktisch keine Kritik an der Wiederbelebung des Denunziantentums geübt wird, rührt sich bei unserem deutschen Nachbarn Widerstand, zum Beispiel in der Berliner Tageszeitung „Die Welt“. In der genannten Zeitung ist am 19. August unter der Überschrift Die Rückkehr des Denunziantentums (Autor Hubertus Knabe) unter anderem zu lesen:

„In Deutschland wird derzeit ein neues Meldesystem für Straftaten aufgebaut. Rund 90.000 Unternehmen und Tausende öffentliche Einrichtungen müssen seit Juli sogenannte Meldestellen einrichten. Wer dies versäumt, dem droht eine Geldbuße von bis zu 20.000 Euro. Hinzukommen sogenannte externe Meldestellen, die Bund und Länder übergreifend betreiben. Die genannten Stellen sollen nicht nur Meldungen entgegennehmen, sondern auch Untersuchungen durchführen. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit, entsteht auf diese Weise ein neuer, riesiger Ermittlungsapparat, der weder im Grundgesetz noch in den Verfassungen der Länder vorgesehen ist.“

Für Informanten (volkstümlich: Vernaderer) werde das Geschäftsgeheimnis, das Steuergeheimnis und das Sozialgeheimnis (recte Privatsphäre) außer Kraft gesetzt, zudem genießen sie, so Knabe „einen weitgehenden Kündigungsschutz. Behauptet nämlich ein Beschäftigter, dass seine Benachteiligung im Beruf aufgrund einer Meldung erfolgte, muss ihm der Arbeitgeber das Gegenteil beweisen. Von Kündigung oder Abstieg bedrohte Arbeitnehmer könnten deshalb versucht sein, rasch eine Meldung einzureichen – und dann zu behaupten, diese sei die Ursache der Maßnahme. Das neue Gesetz stellt den vorläufigen Höhepunkt einer schon länger anhaltenden Entwicklung dar: Immer häufiger animiert der deutsche Staat seine Bürger, andere Mitbürger anzuschwärzen. Während das Strafgesetzbuch aus gutem Grund ausschließlich verlangt, geplante schwere Straftaten anzuzeigen, damit sie noch verhindert werden können, hat sich in Deutschland mittlerweile eine regelrechte Meldestellen-Industrie entwickelt.“

Knabe, ein Historiker, warnt vor einer Vergiftung des sozialen Klimas, wie man sie von Unrechtsstaaten kennt. Wen der Autor da im Auge hat, ist leicht zu erraten: Es ist ein Hinweis auf das Spitzelsystem der „DDR“-Stasi (Staatssicherheit; Geheimdienst des bolschewistischen Systems in Mitteldeutschland) mit ihren Hunderttausenden Mitarbeitern (IM), die meist für Geld ihre Mitbürger ausspionieren.

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