Thüringer Politiker scheinen keine hohe Meinung von ihren Wählern zu haben. Anders sind die Wahlspots der Parteien nicht zu erklären. Von der CDU und ihrem verunglückten Video, das mit der Frage, ob CDU-Spitzenkandidat Voigt Zucker oder Salz im Kaffee möchte, beginnt und mit einem Kind endet, das sagen muss: „Höcke ist doof“, habe ich auf diesem Blog schon geschrieben.
Die Linke macht es viel raffinierter. Sie lässt Sebastian Krumbiegel von den Prinzen für sich werben. Der rappt am Klavier: „Die Demokratie ist so verletzlich, ich weiß nicht, aber ich glaube, dass die Klugheit auf der Matte steht: Hey Leute, wir haben bald Wahlen, wir haben bald demokratische Wahlen, wir sollten demokratisch wählen, wir sollten aufpassen, dass das Kreuz, das wir machen, keinen Haken hat. Ich will keine Wahlempfehlung geben, aber es gibt echt gute Leute, die man wählen kann.“
Nach seinem letzten Wort kommt der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) um die Ecke und lächelt den Zuschauer an. Was Krumbiegel und Ramelow verschweigen, ist, dass auf der Liste der Linken ein Mann steht, dessen Immunität vom Thüringer Landtag aufgehoben wurde, weil er sich im Darknet an Kinderpornos delektiert haben soll. Die Linke wollte den Skandal offensichtlich vertuschen. Die Linke-Landtagsabgeordnete Kati Engel erklärte im August den Austritt aus der Linkspartei, weil sie den laxen Umgang der Linken mit dem Fall nicht ertrug. Der Mann steht auf dem Wahlzettel der Linken, weil es angeblich keine Möglichkeit gegeben hat, ihn zu streichen. Wenn die Linke mit etwa 15 % in den Landtag einzieht, kommt auch dieser Mann, gegen den die Staatsanwaltschaft ermittelt, wieder in den Landtag. Er wird dann zwar kaum in die Fraktion aufgenommen werden, kann aber als Einzelabgeordneter fünf Jahre Vollversorgung genießen. Das sollte man bedenken, bevor man bei den Linken sein Kreuz macht.
Nach dem Voigt-Video hatte ich gedacht, dümmer ginge es nimmer, aber Katrin Göring-Eckardt hat das noch getoppt. In ihrem Video erklärt sie den Wählern, warum sie auf keinen Fall die AfD wählen dürfen. Denn: „Die AfD will deiner Oma die Schlagersendung wegnehmen. Ja, so ist es.“ Die Partei wolle gleich nach der Wahl den Rundfunkstaatsvertrag kündigen. Damit fielen Sendungen wie „Riverboat“ und Florian Silbereisen an Weihnachten und was der MDR sonst noch so produziere, weg. Das BSW störe sich nicht daran, denn Spitzenkandidatin Katja Wolf hätte gesagt, die Macht des Arguments im politischen Raum zähle. Göring-Eckardt scheint nichts so sehr wie das politische Argument zu fürchten. Sie flüchtet sich lieber in den infantilen Spruch: „Wähle am besten Bündnis 90/Die Grünen, damit deine Oma und die Schlagerwelt safe sind.“
Als mehrfache Großmutter, die weder Riverboat noch Florian Silbereisen oder die sonstige Schlagerwelt konsumiert, fühle ich mich in Mithaftung genommen. So sehr ich mir auch wünschte, die Omas gegen rechts oder fürs Klima würden sich mit Schlagern vor dem Bildschirm begnügen, Göring-Eckardts Video macht die Großmütter dieses Landes lächerlich.
Aber auch ein großer Lebensmittelhändler, der eigentlich allen Grund hätte, aus seiner Unterstützung für die Nazis zu lernen, wollte im inoffiziellen Wettbewerb um die dümmste Wahlwerbung nicht abseits stehen. EDEKA macht Front gegen die Firmenlogo-Farbe Blau, um seinen Kunden zu verklickern, wen sie nicht wählen sollen. Frau Göring-Eckardt, die selbst gern Blau trägt, reagierte entzückt. Weniger erfreut waren zahlreiche Pächter von EDEKA-Filialen, die der Meinung sind, dass sie ihren Kunden Lebensmittel und keine Gesinnung verkaufen wollen. Sie werden für die abstruse Idee ihrer Zentrale in Mithaftung genommen. Boykott-Aufrufe, wie sie jetzt im Internet kursieren, treffen weniger die Konzern-Zentrale, sondern die örtlichen Pächter, bei denen man weiter kaufen sollte, sofern sie die Werbung in ihrer Filiale nicht übernehmen.
Die gute Nachricht ist, am Sonntag haben wir den ganzen Rummel überstanden, und die Wähler können demonstrieren, dass sie sich nicht für dumm verkaufen lassen.