Wenige Wochen vor der Bundestagswahl geistert ein Gespenst durch die politische Klasse des Landes – das Gespenst von Elon Musk.
Inmitten der angeblichen Gefahr einer ausländischen Einmischung in die Wahl hat das Händeringen darüber, wie der lästige Milliardär und Chef von X/Twitter – der öffentlich die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) unterstützt – zu stoppen sei, beunruhigende Ausmaße angenommen. Dies wurde deutlich, als Thierry Breton, der ehemalige EU-Kommissar für digitale Angelegenheiten, mit der Idee hausieren ging, dass die Wahlen möglicherweise annulliert werden müssten, wenn die Deutschen falsch gewählt hätten.
Breton sprach in einem Interview mit dem französischen Sender BFMTV/RMC über die Möglichkeit eines Wahlsiegs der AfD. In Bezug auf Musk sagte er:
Lasst uns Ruhe bewahren und unsere Gesetze in Europa durchsetzen, wenn die Gefahr besteht, dass sie umgangen werden […]. Wir haben es in Rumänien getan, und wir werden es natürlich auch in Deutschland tun, wenn es nötig ist.
Er spielte damit natürlich auf die schockierende Annullierung der rumänischen Präsidentschaftswahlen im Dezember an, nachdem ein Außenseiter – ein Putin-unterstützender Anti-Impf-Populist – überraschend die erste Runde gewonnen hatte. Die EU-Eliten versuchten, das Ergebnis auf ausländische „Desinformationen“ zu schieben, die über soziale Medien verbreitet wurden.
So weit wie Breton ist noch kein deutscher Politiker gegangen. Aber es wäre ein großer Fehler, die Aussage des ehemaligen EU-Bürokraten als bloßen Versprecher abzutun – auch wenn er sie inzwischen zurückgezogen hat. (Nachdem Musk ihn als „Tyrann Europas“ bezeichnet hatte, behauptete Breton, er sei falsch zitiert worden, es handele sich um „eine weitere Fake News“ oder einen Übersetzungsfehler, und twitterte: „Die EU hat KEINEN Mechanismus, um irgendeine Wahl irgendwo in der EU zu annullieren.”)
Doch auch andere einflussreiche Persönlichkeiten, wie der deutsche Bundespräsident Frank Walter Steinmeier (SPD), haben ähnliche Warnungen ausgesprochen. Als Steinmeier im Dezember den Deutschen Bundestag auflöste und vorgezogene Neuwahlen ankündigte, sagte er: „Einflussnahme von außen ist eine Gefahr für die Demokratie. Sei es verdeckt … oder offen und unverhohlen, wie es derzeit auf der Plattform X besonders intensiv praktiziert wird.“ Bemerkenswerterweise hat sich der Präsident bis heute nicht von Bretons Drohung distanziert, die Wahlergebnisse zu löschen.
Es besteht kein Zweifel, dass Musk sich eingemischt hat. Er hat auch die AfD-Führung ermutigt. Ende Dezember schrieb er einen Meinungsbeitrag für Die Welt, in dem er behauptete, dass „nur die AfD Deutschland“ vor dem Niedergang retten könne. Nach Steinmeiers Warnungen im Dezember schrieb er auf X und bezeichnete den Bundespräsidenten als „antidemokratischen Tyrannen“.
Am 9. Januar übertrug Musk dann ein etwa 70-minütiges Gespräch mit Alice Weidel, der Kanzlerkandidatin der AfD, per Livestream. Während des Gesprächs bekräftigte er seine Unterstützung für ihre Partei. Obwohl nicht jeder in der AfD mit Weidels Auftritt zufrieden war – sie war langatmig und oft sehr barsch – begrüßten sie natürlich Musks Unterstützung. Auf dem Parteitag der AfD, der am vergangenen Wochenende stattfand, erhielten Weidels Bezugnahmen auf Musk begeisterten Beifall.
Den Erfolg der AfD jedoch Musk zuzuschreiben und nicht dem Versagen der etablierten deutschen Politiker, ist eklatanter Unsinn. Die Umfragewerte der Partei liegen seit Wochen konstant bei etwa 20 %, und jüngste Umfragen deuten darauf hin, dass Musks Interventionen bestenfalls eine vernachlässigbare Wirkung hatten. Dieses Narrativ spiegelt eine hartnäckige und problematische antipopulistische Annahme wider: dass Wähler passive Objekte sind, die sich leicht von „Demagogen“ beeinflussen lassen, anstatt nach ihrem eigenen politischen Urteil zu handeln.
Bereits im Januar letzten Jahres – lange bevor Musk im Internet sein Unwesen trieb – rief Frank Walter Steinmeier zu einem großen Bündnis gegen die AfD auf und sagte: „Wir werden nicht zulassen, dass dieses Land von extremistischen Rattenfängern zerstört wird.“ Damit meinte er, dass die AfD-Anhänger Betrügern und zwielichtigen Gestalten folgten, so wie im alten deutschen Volksmärchen die Ratten und die Kinder von Hameln dem Rattenfänger ins Verderben folgten. Die Beleidigung der deutschen Wähler durch diese Analogie hatte der Präsident offensichtlich nicht begriffen. Die Angst des Establishments vor Musk ist in Wahrheit seine Angst vor den Wählern.
Die Drohung, die Wahl abzusagen, war nur eine von vielen, die in den letzten Tagen ausgesprochen wurden. Nach Musks Gespräch mit Weidel kündigte EU-Vizepräsident Henna Virkkunen eine Untersuchung an, ob das Gespräch gegen das Gesetz über digitale Dienste verstieß. Der deutsche Bundestag hat ebenfalls eine Untersuchung eingeleitet, ob es sich um eine illegale „Parteispende“ handelte.
Die Idee, dass die Rede der Partei einen illegalen geldwerten Vorteil verschafft hat, wurde auch von Robert Habeck, dem unglücklichen deutschen Wirtschaftsminister und Kanzlerkandidaten der Grünen, vorgebracht. Sollte sich der Vorwurf des geldwerten Vorteils bewahrheiten, hätte dies „erhebliche Konsequenzen“ für die AfD, so der Verfassungsrechtler Michael Brenner. „Es könnte eine ganz erhebliche Summe“ an Bußgeldern auf die Partei zukommen.
Die Behauptung, dass ein einziges Interview der AfD einen unfairen Vorteil im Vorfeld der Bundestagswahl verschafft haben könnte, ist mehr als nur ein wenig unaufrichtig. Während die etablierten Parteien wie SPD, CDU und Grüne regelmäßig durch zahlreiche Interviews und Talkshows eine umfangreiche Medienberichterstattung erhalten, wurde die AfD häufig von solchen Plattformen ausgeschlossen.
Der systematische Ausschluss der zweitbeliebtesten Partei Deutschlands von den Medienplattformen ist nicht überraschend. Seit Jahren wird die deutsche Medienlandschaft von einem Mitte-Links-Weltbild dominiert. Diese Voreingenommenheit spiegelt sich auch in der Demografie der Medienschaffenden wider. Eine Studie aus dem Jahr 2020 unter Auszubildenden des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ARD) zeigte eine überwältigende Präferenz für linke Parteien: 57 % unterstützten die Grünen, 23 % die Linkspartei und 12 % die SPD.
Eine andere umfassende Studie ergab, dass sich 41 % der deutschen Journalisten mit der Politik der Grünen identifizieren. Bemerkenswert ist, dass keiner der befragten Journalisten eine politische Nähe zur AfD angab.
Die krasse Einmischung von Musk in den deutschen Wahlkampf ist nicht unproblematisch. Doch wie das Gerede von der Annullierung der Wahl und die Androhung hoher Geldstrafen zeigen, sind die autoritären Tendenzen der Eliten das größere Problem. Die Drohung von Thierry Breton muss eine Warnung für alle Demokraten sein, die glauben, dass die Menschen selbst entscheiden können, wen sie wählen wollen.