Die Europäische Union will im Notfall Sparzwang für Gas. Das hat Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch bekanntgegeben. Für den früheren Präsidenten des deutschen Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, wecken solche EU-Regeln Erinnerungen an das Jahr 1947, als die Stadtwerke Eisenberg in Thüringen ihre Kunden für zu viel Stromverbrauch straften.
Strom für 30 Tage gesperrt
Auf „Twitter“ hat Maaßen ein Schreiben dieser Stadtwerke vom 10. Mai 1947 veröffentlicht. Darin steht unter dem Betreff „Übertretung des Befehls Nr. 128 der SMA. über Einschränkung des Stromverbrauchs“ geschrieben:
In Bezug auf die am 9.5.47. durchgeführte Zählablesung ist festgestellt worden, daß Sie das Ihnen auf Grund Ihrer Angaben zugebilligte Stromverbrauchskontingent im Monat April 1947 um 17 kWh überschritten haben. Damit haben Sie gegen den obigen Befehl verstoßen und wir sprechen deshalb hiermit eine einmalige Verwarnung aus. Im Wiederholungsfalle innerhalb der nächsten 12 Monate müssen wir Sie gemäß des Befehls mit einer Strafe in Höhe des hundertfachen Tarifpreises für jede mehrverbrauchte kWh. = Rm 15.- belegen. Außerdem wird der Strom auf 30 Tage gesperrt.
Maaßen kommentierte seinen Tweet auf „Twitter“ mit dem Abdruck des Schreibens der Stadtwerke so:
Dieser Vordruck könnte vielleicht wieder zum Einsatz kommen.
EU könnte Gasverbrauch vorschreiben
Die Vorgabe der EU, dass die Mitgliedsstaaten ihren Verbrauch in den kommenden Monaten um 15 Prozent im Vergleich zum Schnitt der vergangenen fünf Jahre verringern, sei noch freiwillig, sagte von der Leyen am Mittwoch. Allerdings: Gegebenenfalls könnte die EU einen „Unionsalarm“ ausgeben. Heißt: Dieser würde den Mitgliedsstaaten eine Reduktion des Gasverbrauchs vorschreiben. Demnach ist die Annahme von Hans-Georg Maaßen, dass der Vordruck der Stadtwerke Eisenberg aus dem Jahr 1947 wieder zum Einsatz kommen könnte, gar nicht so abwegig.
Ungarn und Polen gegen EU-Regeln
Schon jetzt gibt es Mitgliedsstaaten, die sich nicht an die Regeln halten wollen. So hat Ungarn vergangene Woche einen Notstand ausgerufen und angekündigt, dass es ab August kein Gas und andere Energieträger mehr an andere EU-Länder liefern will. Die EU-Kommission untersucht diesen Schritt gerade.
Auch Polen hält nicht viel von der Idee. Die polnische Klimaministerin Anna Moskwa sagte vorige Woche:
Wir sind gegen die Auferlegung verbindlicher Reduktionsziele.
Polen hat seine Gasspeicher zu 98 Prozent gefüllt, nachdem Russland im April die Gaslieferungen an das Land eingestellt hatte.
Gewessler hält Sparzwang beim Gas “vernünftig”
Österreichs Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) dagegen bezeichnete den EU-Notfallplan bezüglich Gas-Sparzwang als einen “wichtigen Schritt”. Sie sagte weiters:
Wir bereiten uns gemeinsam auf alle Szenarien vor. Und es ist gut, dass wir das in der EU solidarisch tun und aufeinander Rücksicht nehmen. Ich halte die Vorschläge der Kommission für vernünftig.
Dass die verfehlte Sanktions-Politik der EU und Österreichs die Menschen erst in diese Lage brachte, beim Strom und Gas sparen und im Winter womöglich frieren zu müssen, erwähnte Gewessler freilich nicht.