Alle Polizeibeamten, die in Dortmund im Zusammenhang mit dem Tod des mit einem Messer bewaffneten senegalesischen Teenagers Mouhamed Dramé bei einem Polizeieinsatz im August 2022 angeklagt waren, wurden vom Landgericht Dortmund freigesprochen.
Das Gericht entschied am Donnerstag, dass der 31-jährige Beamte, der den 16-jährigen Migranten tödlich angeschossen hatte, in Notwehr gehandelt und keine Straftat begangen hat.
Der vorsitzende Richter Thomas Kelm erklärte, das Handeln des Beamten sei unter den gegebenen Umständen gerechtfertigt gewesen. „Der Schütze glaubte, sich in einer Selbstverteidigungssituation zu befinden“, sagte der Richter.
Der ursprünglich wegen fahrlässiger Tötung angeklagte Dienstgruppenleiter wurde ebenfalls freigesprochen. Das Gericht wies die Behauptung der Staatsanwaltschaft zurück, dass der Befehl des Gruppenleiters, Pfefferspray einzusetzen, die tragischen Ereignisse provoziert habe. Stattdessen kam es zu dem Schluss, dass die Entscheidung, einzugreifen, gerechtfertigt war, um zu verhindern, dass der Teenager sich selbst oder anderen Schaden zufügt.
Der Staatsanwalt, der zuvor für einige Beamte eine Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung beantragt hatte, änderte während des Prozesses seinen Kurs und forderte Freisprüche für fast alle Angeklagten mit der Begründung, dass die Situation blitzschnelle Entscheidungen erforderte, die unter Zwang getroffen wurden. Die Staatsanwaltschaft bestand jedoch auf einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe für den 56-jährigen Dienstgruppenleiter, der der fahrlässigen Tötung angeklagt war – eine Forderung, die vom Gericht verworfen wurde.
Der Vorfall ereignete sich am 8. August 2022, als die Polizei auf Hinweise über einen mit einem Messer bewaffneten jungen Mann auf dem Kirchengelände reagierte. Mouhamed D., ein Flüchtling aus dem Senegal, soll gedroht haben, sich selbst zu erstechen, als die Beamten eintrafen. Versuche, die Situation durch Gespräche zu deeskalieren, scheiterten, so dass der Leiter der Dienstgruppe den Einsatz von Pfefferspray anordnete. Doch anstatt sich zu entwaffnen, rannte der jugendliche Migrant Berichten zufolge mit dem Messer auf die Beamten zu. Der Einsatz von Tasern konnte ihn nicht aufhalten, woraufhin ein Beamter sechs Schüsse mit einer Maschinenpistole abgab. Der Teenager wurde kurz darauf für tot erklärt.
Der Fall löste eine heftige öffentliche und politische Debatte aus. Im Gerichtssaal ertönten nach der Urteilsverkündung Sprechchöre wie „Gerechtigkeit für Mohamed“ und „Das war Mord“. Außerhalb des Gerichts wurde das Urteil von verschiedenen linken Gruppen und Einzelpersonen verurteilt.
Die Bundestagsabgeordnete Martina Renner von der Linkspartei bezeichnete das Urteil in den sozialen Medien als „Skandalurteil“. Auch Kommunalpolitiker kritisierten das Urteil. Mitglieder der SPD und der Grünen stellten die Verhältnismäßigkeit des Polizeieinsatzes in Frage.
„Gab es angesichts der großen zahlenmäßigen Überlegenheit wirklich keine andere und weniger gravierende Möglichkeit, die Gefahr zu bannen?“, fragten Dortmunder SPD-Abgeordnete in einer gemeinsamen Erklärung. Vertreter der Grünen drückten ihre Betroffenheit aus und bekundeten ihr Beileid. Sie wiesen auf die Bedenken hinsichtlich Rassismus und Vertrauen zwischen der Polizei und den Migrantengemeinschaften hin.