Angst vor der Abrechnung: Deutschlands Corona-Verfechter und ihr Delta-Wahn

Es ist vorbei. Die Maskenpflicht fällt. Schon in wenigen Tagen wird die Regierung den Menschen nicht mehr vorschreiben, wie sie sich zu verhalten haben. Man setzt auf Eigenverantwortung. Wer sich auch nach dem Ende der Corona-Maßnahmen am 19. Juli sicherer fühlt, indem er Mund und Nase schützt, kann dies selbstverständlich auch weiterhin tun. Alle anderen dürfen dem sichtbarsten Symbol des zerstörerischsten Projekts der Nachkriegszeit Lebewohl sagen. Die Rede ist hier natürlich nicht von Deutschland, sondern von England. Die britische Regierung hat wiederholt klargestellt, dass der finale Schritt aus dem Corona-Regime unumkehrbar ist – trotz Delta, oder eher gesagt: Genau deswegen. Inzwischen setzt sich nämlich die Erkenntnis durch, dass Mutationen das Virus weniger gefährlich machen. Und die Briten sind nicht allein: Zahlreiche Staaten – vor allem deutsche Nachbarländer – haben das weitgehende Ende der Maskenpflicht entweder bereits vollzogen oder für die nahe Zukunft angekündigt. Geöffnet hatten sie das gesellschaftliche Leben ohnehin längst, als man hierzulande auch Inzidenzwerte von 35 für zu bedrohlich hielt, um liebgewonnene Grundrechtseinschränkungen aufzugeben. Doch auch die Regierung Johnson ist nicht durch höhere Einsicht zu ihrem Entschluss gekommen. Es war der Druck von der Straße, als wochenlang Hunderttausende Samstag für Samstag ihren Unmut über das Fortbestehen der Einschränkungen zum Ausdruck brachten, der sichergestellt hat, dass der Ausstiegsfahrplan nun auch endgültig eingehalten wird. Anders als in Deutschland, fiel die Polizei dabei durch Deeskalation auf, ohne erkennbare Order, Grundrechtsverteidiger einzukesseln und niederzuknüppeln. Eine freie Presse verhindert einseitige Parteinahmen. So geht Demokratie.

In England wollte der Proteststurm nicht abebben, bis die Regierung sich beugen musste – hierzulande folgt man Führern indessen nur zu gerne

Es sind die Bürger, die darüber entscheiden, was sie wollen, nicht die Herrschenden. Diese tief in der britischen DNA verankerte Selbstverständlichkeit, die man auch in Demokratien findet, die weit jünger sind, sucht man in Deutschland vergebens. Hierzulande folgt man Führern nur zu gerne, nicht erst seit Einhundert Jahren. Zum Überlaufen hatte das Fass für die Briten der G7-Gipfel gebracht, bei dem die ganze Welt die Verlogenheit der Staats- und Regierungschefs vorgeführt bekam. Die offen zur Schau getragene Chuzpe, mit denen in Cornwall auch Angela Merkel ihren Landsleuten vorführte, dass die von ihr verordneten Corona-Regeln längst das sind, was Kritiker seit Monaten beklagen, nämlich ein Herrschaftsinstrument, hatte in Deutschland nur für ein laues Lüftchen der Empörung gesorgt. Die staatlich kontrollierten Sender fanden überhaupt nichts Ungeheuerliches daran, und nicht einmal die wenigen verbliebenen unabhängigen Tageszeitungen. Ganz anders in England, wo der Proteststurm nicht abebben wollte, bis die Regierung sich beugen musste. Seinen ungeliebten Gesundheitsminister opferte Boris Johnson gar, unter dem Vorwand eines monatealten Ehebruchs unter Corona-Auflagen. Mit dem personellen Neuanfang ist der Weg frei, um das britische Corona-Projekt gesichtswahrend und glaubwürdig zu beenden. Unterdessen will die deutsche Berufspolitik vom endgültigen Einmotten ihres Folterbestecks nichts wissen. Nicht nur längere Sonderbefugnisse sicherte man sich mit der eigenen Bundestagsmehrheit, sondern – was viel schwerer wiegt – auch die die Möglichkeit, diese selbst nach dem offiziellen Ende der „epidemischen Lage“ weiterhin ausüben zu können. Von der an autoritäre Regime erinnernden Nacht-und Nebelaktion ahnen die meisten Bürger bis heute nichts.

Die politische Kaste stemmt sich der drohenden Abrechnung entgegen, aus Angst davor, dass die Verantwortlichen zur Verantwortung gezogen werden

Bald wird die Zeit der Aufarbeitung kommen. Vielleicht nicht hierzulande, doch garantiert anderswo. Es wird sie geben, die Untersuchungsausschüsse, Gerichtsprozesse und Rücktritte, was nicht ohne Folgen für das gestörte Verhältnis der Beherrschten zu ihren Herrschenden bleiben wird. Auch nicht für Deutschland, so sehr sich die politische Kaste der drohenden Abrechnung entgegenstemmt und Bundestagspräsident Schäuble schon einmal vorzubauen versucht: „Wir müssen trennen zwischen Entscheidungen in der Krise und Rechthaberei hinterher.“ Die Berufspolitik hat Angst davor, dass die Verantwortlichen zur Verantwortung gezogen werden. Es mag dem Parteienstaat absurd vorkommen, doch ein Wesensmerkmal des Rechtsstaats ist es, dass angerichteter Schaden wiedergutgemacht wird. Wo dies nicht möglich ist, muss Tätern zumindest die Bestrafung durch die Gerichte drohen. Wer all das verhindern will, ist offenbar kein Freund einer funktionierenden Demokratie. Vielleicht hat er aber auch Angst vor der großen Zahl derer, die er gequält und deren Existenzen er vernichtet hat. Irgendwann werden selbst Lieschen und Michel die Erkenntnisse nicht mehr ausblenden können, von der Intensivbettenlüge über die statistisch nur per „an und mit“ darstellbaren Übersterblichkeit und den PCR-Missbrauch bis zur Schädlichkeit von Lockdowns und Maskerade. Würden diese durch einen Untersuchungsausschusses erst einmal bestätigt, könnte niemand dafür garantieren, dass Millionen Schafe auch weiterhin treudoof blöken. Der Parteienstaat wäre in seinen Grundmauern erschüttert – mit allen Konsequenzen für die Berufspolitik. Wolfgang Schäuble will sich und seinesgleichen vor der Abrechnung retten. Der Weg in den deutschen Totalitarismus würde dadurch so unumkehrbar, wie der britische Ausstieg aus Corona. Es liegt an uns, ob das Vorhaben gelingt.

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