Die Evidenz scheint die Archillesferse der österreichischen Corona-Politik zu sein. Denn wenn nach exakten Zahlen und Fakten gefragt wird, stößt man oft in ein finsteres Loch. So kann die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) zwar ausweisen, wie viele Personen in diesem Jahr positiv auf Covid-19 getestet wurden, aber nicht, ob diese Fälle Ungeimpften, Geimpften (ein- oder zweimal) oder Genesenen zuzuordnen sind.
Auf eine entsprechende Anfrage von unzensuriert reagierte die Pressestelle der AGES mit dem Hinweis, dass es solche Zahlen nicht gebe. Diesbezügliche Anfragen seien zwar schon gestellt worden und man arbeite an einer Umsetzung, doch wann es ein Ergebnis gibt, könne man nicht sagen.
Auch Experten fordern einen Inzidenzen-Vergleich
Das ist mehr als enttäuschend, zumal die verschiedenen Inzidenzen für Ungeimpfte und Geimpfte aktuell sogar von Experten gefordert werden, denen die schwarz-grüne Regierung ihr Vertrauen schenkt.
Zuletzt plädierte Gerald Gartlehner, Epidemiologe und Leiter des Departments für Evidenzbasierte Medizin und Evaluation an der Donau-Universität Krems, für einen Inzidenzen-Vergleich. Er schlug vor, in Zukunft zwei 7-Tage-Inzidenzen anzugeben: eine für Geimpfte und eine für Nichtgeimpfte, „auch, um zu zeigen, wie unterschiedlich sich die Infektionszahlen in den beiden Gruppen verhalten und wie hoch der Schutz ist, den die Impfung bietet“.
Auch der Komplexitätsforscher Peter Klimek schlug in die gleiche Kerbe. Gegenüber dem ORF meinte er, dass das regelmäßige Testen von Geimpften ein wichtiger Schritt im Maßnahmen-Mix gegen das Coronavirus sei.
Gesundheitsministerium: “Zu kompliziert”
Diesem Vorschlag der beiden Experten kann die höchste Beamtin im Gesundheitsministerium des grünen Ministers Wolfgang Mückstein, Katharina Reich, nichts abgewinnen. Es wäre zu kompliziert, sagte sie am 21. Juli im Ö1-Mittagsjournal und meinte weiter:
Die oberste Maxime muss sein, dass wir einfach bleiben.
Ein Vergleich der Inzidenzen von Geimpften und Ungeimpften wäre aber auch wohl methodisch schwierig, so Reich, nachdem davon auszugehen sei, dass sich bereits voll Immunisierte deutlich seltener testen lassen.
Geimpfte gehen häufiger zum Test
Dem widerspricht der Wirtschaftssoziologe Bernhard Kittel von der Uni Wien, Projektleiter des „Austrian Corona Panel“, der gegenüber dem ORF sagte:
In unseren Daten sehen wir, dass Geimpfte tendenziell häufiger zum Test gehen als Nichtgeimpfte.
Zweifel an Wirksamkeit der Impfung
Die Ablehnung des Gesundheitsministeriums, evidenzbasierte Zahlen über Testergebnisse von Geimpften und Nichtgeimpften zu erheben, nährt jedenfalls die Zweifel an der Wirksamkeit der Impfung. Immer wieder wird von Maßnahmenkritikern vermutet, dass von Geimpften mittlerweile eine höhere Ansteckungsgefahr ausgehe als von Ungeimpften, weil die Geimpften von einer Infektion oft selbst nichts mitbekommen. Zuletzt wurde auch bei den Salzburger Festspielen ein vollimmunisierter Besucher positiv getestet.
Vielleicht wollen die Gesundheitsbehörden genau deshalb vermeiden, dass plötzlich Zahlen auf den Tisch kommen, die den Impfschutz in ein schlechtes Licht rücken könnten.