Offenbar wird die Menschheit immer mal wieder von Massenwahn heimgesucht. Im Mittelalter war es der Veitstanz, die Tanzwut, die Tausende Menschen dazu gebracht hat zu tanzen, bis sie in Ekstase gerieten, nicht mehr aufhören konnten und ohnmächtig oder gar tot zu Boden fielen. Nach wenigen Monaten war das Phänomen ebenso plötzlich verschwunden, wie es aufgetaucht ist. Die Tanzwütigen schädigten wenigstens nur sich selbst.
Verheerend wird es, wenn ein intellektueller Massenwahn grassiert, dann sind alle betroffen, besonders wenn die wahnsinnig Gewordenen die Medien beherrschen. Bisher war der folgenschwerste intellektuelle Massenwahn die Eugenik. Darunter versteht man die Anwendung theoretischer Konzepte auf die Bevölkerungs- und Gesundheitspolitik, mit dem Ziel, den Anteil positiv bewerteter Erbanlagen zu vergrößern (positive Eugenik) und den negativ bewerteter Erbanlagen zu verringern (negative Eugenik). Bereits 1869 wurde der Begriff vom britischen Anthropologe Francis Galton geprägt. In der Folge verbreitete sich in ganz Europa und den USA die, wie Galton es formulierte, „Wissenschaft, die sich mit allen Einflüssen befasst, welche die angeborenen Eigenschaften einer Rasse verbessern“. Zu den bekanntesten Vertretern dieser fatalen Lehre gehörten Leland Stanford, Maurice Thorez, Julian Huxley,D. H. Lawrence, George Bernard Shaw, H. G. Wells. Aus dieser Theorie heraus entstand der Begriff des „lebensunwerten Lebens“ und die Idee, dieses unwerte Leben zu eliminieren, die von den Nazis an führender Stelle in die Praxis umgesetzt wurde.
Als nach dem Zweiten Weltkrieg der ganze Umfang dessen herausstellte, was es bedeutete, wenn eine Theorie zur materiellen Gewalt wird, wollte niemand mehr Eugeniker gewesen sein. Biografien wurden massenhaft umgeschrieben, aber eine Auseinandersetzung, wie es geschehen konnte, dass solche Gedanken unter den Intellektuellen von ganz links bis konservativ, bei letzteren übrigens deutlich weniger, Fuß fassen konnte, hat nie stattgefunden. Stanford ist bis heute unangefochten der Namensgeber der von ihm gegründeten Universität, die als eine der exzellentesten der Welt gilt.
In Deutschland, dass die unheilvollsten Exekutoren der Eliminierung lebensunwerten Lebens hervorgebracht hat, breiten sich gegenwärtig ähnliche Vernichtungsphantasien wieder aus. Diesmal werden die Alten zum lebensunwerten Leben erklärt, nein, nicht so wissenschaftlich, sondern verdeckt als „Satire“. Eifrig unterstützt von Politik und regierungsaffinen Medien.
Die Ausfälle der Ehefrau eines Spiegel-Journalisten, die letzte Woche zu heftigen Diskussionen führten, sind dabei nur die Spitze des Eisbergs. Die Hinrichtungsphantasien der Linken, die bereits zum Club der Einheitsparteien gehört, sind auf diesem Blog schon hinreichend besprochen worden. Weniger beachtet wurde ein Song der berüchtigten Band K.I.Z., die beim Wir- sind-mehr-Konzert in Chemnitz 2018 dadurch auffiel, dass sie „die Messerklinge in die Journalistenfresse rammen“ wollte. In diesem Song wird gefeiert, dass Corona alte weiße Männer dahinraffe. Der implizite Rassismus fiel kaum jemanden auf, denn bis dato sind weit mehr alte gelbe Männer und Frauen an dem Virus gestorben. An dieser Stelle muss daran erinnert werden, dass diese Band das besondere Wohlwollen unseres Bundespräsidenten Steinmeier genießt.
Nun hat die ARD sich in die Hetze gegen Alte eingereiht, natürlich rein satirisch. In einem Format der ARD-Jugendwelle “Funk“ wurde ein makaberer Kommentar zur Coronavirus-Pandemie gesendet. In einem Video des “Bohemian Browser Ballett“ lobt der „Satiriker“ Schlecky Silberstein die angeblich positiven Effekte des Virus. Es sei „fair“, denn „es rafft die Alten dahin, aber die Jungen überstehen diese Infektion nahezu mühelos. Das ist nur gerecht, hat doch die Generation 65+ diesen Planeten in den letzten fünfzig Jahren voll gegen die Wand gefahren“.
Abgesehen davon, dass es Silberstein & Co genau dieser Generation zu verdanken haben, das sie in einem bisher beispiellosen Massenwohlstand aufwachsen konnten, ist dies eine Hetze gegen die Aufbau-Generation, die wieder zur materiellen Gewalt zu werden droht. Aber Silberstein geht nicht nur gegen die Alten, sondern auch gegen die Kranken los. Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die zweite Risikogruppe, gäbe es hauptsächlich in den Wohlstandsnationen – „beziehungsweise dort, wo die Menschen einfach ein bisschen fetter sind“. Gepaart ist das noch mit Antiamerikanismus. „Welche Nation trifft das am Meisten? Die USA“, die „mit ihrer „Wachstum-um-jeden-Preis“-Politik“ die Welt „schon immer in die Bredouille gebracht“ hätten. Das Coronavirus sei vielleicht nur eine Antwort auf den „Turbokapitalismus“. Der Flugverkehr breche ein, die Produktion werde zurückgefahren und der Konsum gehe zurück. „Eine bessere Nachricht gibt es doch gar nicht für diesen Planeten“.
Frage: Wozu brauchen Silberstein & Co mehr Geld, wenn sie davon träumen, nicht mehr reisen und konsumieren zu müssen? Aber, wie einst die Kommunisten werden Silberstein und seine Anhänger schon dafür sorgen, dass die Beschränkungen, die sie anderen vorschreiben, nicht für sie gelten. Aber, so der ARD-Satiriker, es gebe sowieso zu viele Menschen. Da ist Corona offensichtlich hilfreich.
Diesen satirischen Aufruf, überflüssiges, also lebensunwertes Leben zu beseitigen, hat die ARD auch auf Kosten derer, die eliminiert werden sollen, verbreitet. Wer das makaber findet, versteht eben keinen Spaß. Unsere Ministerpräsidenten haben sich als Freunde dieser Art von Humor erwiesen, als sie in ihrer jüngsten Konferenz eine Erhöhung der Zwangsgebühren für die Öffentlich-Rechtlichen als dringende Maßnahme in Zeiten des Corona-Virus beschlossen. Wir sollen den Kakao, durch den wir gezogen werden, nicht nur trinken, wir sollen ihn auch bezahlen.
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