Deutschland will Energiekonzerne verstaatlichen

Die deutsche Bundesregierung hat heute die beiden deutschen Töchter des staatlichen russischen Ölkonzerns, Rosneft Deutschland GmbH und RN Refining & Marketing GmbH, mit sofortiger Wirkung unter zwangsweise Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur gestellt. Damit ist der russischen Muttergesellschaft OJSC Rosneft die operative und finanzielle Kontrolle über ihre deutschen Raffinierien und Öllager entzogen, insbesondere dürfen auch keine Gewinne aus dem Raffineriegeschäft mehr an die russische Mutter abgeführt werden.

Dies hat jetzt das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin unter Verweis auf das Energiesicherungsgesetz angeordnet. Begründet wird dies mit “der drohenden Gefährdung der Energieversorgungssicherheit”, so das Ministerium. Formal bleibt zwar die Moskauer Rosneft noch Eigentümer ihrer deutschen Tochterfirmen. Praktisch hat die Muttergesellschaft aber nichts mehr zu sagen, de-facto kommt der Schritt einer Enteignung sehr nahe.

Betroffen von der Maßnahme ist die große Raffinerie PCK Schwedt in Brandenburg mit 1.200 Mitarbeitern, die zentrale Bedeutung für die Versorgung des Großraums Berlin und weiten Teilen Norddeutschlands mit Benzin, Diesel und Heizöl hat, und auch die Mineralölraffinerie Oberrhein (MiRO) in Karlsruhe sowie der Standort im bayerischen Vohburg an der Donau nahe Ingolstadt.

Offiziell ist die Treuhandverwaltung zunächst auf 6 Monate begrenzt. Dieser Zeitraum kann aber beliebig oft durch einfache Ministerialanordnung verlängert werden. Und das dürfte wohl auch passieren, wie das Beispiel der ehemaligen Gazprom Germania GmbH zeigt, die jetzt als “Securing Energy for Europe GmbH” (SEFE) firmiert.

Branchenkenner werten den Schritt als klare Eskalation im Wirtschaftskrieg mit Russland. Bislang führten die beiden Rosneft-Töchter jeden Monat Rohöl im Wert von mehreren hundert Millionen Euro ein, das über die Drushba-Ölpipeline aus Russland nach Schwedt kam. Nach den Träumen von Wirtschaftsminister Habeck (Die Grünen) will man aber ab Dezember kein Russen-Öl mehr haben. Woher und wie dann der Ersatz kommen soll, verrät uns der gelernte Kinderbuchautor aber noch nicht.

Gleichzeitig verlautete aus Insiderkreisen, dass die Bundesregierung eine Verstaatlichung der kriselnden Gaskonzerne Uniper SE und der Leipziger VNG AG, die auch in Österreich tätig ist, plant. Zudem soll auch die Ex-Gazprom-Tochter SEFE in Staatshand übernommen werden. Uniper SE, das bereits Milliardenhilfen vom Staat erhalten hatte (ZurZeit berichtete), schreibt momentan pro Tag rund 100 Mio. Euro Verlust und hat die erst im Juli gewährten staatlichen Kredite von insgesamt 17 Milliarden Euro bereits vollständig verbraten. Grund ist, dass man kein Gas mehr über die Nord Stream 1 Pipeline bekommt, jetzt teuerst am Spotmarkt nachkaufen muss und die hohen Preise wegen vertraglicher Bindungen aber nicht an die Großkunden weitergeben darf. Nun rächt sich auch, das Deutschland im letzten Winter, noch vor Ausbruch des Ukraine-Krieges, die neue Nord Stream 2 Pipeline verboten hat, was allein der an der Röhre beteiligten Uniper einen Abschreibungsverlust von 1 Mrd. Euro bescherte. Auch bei der VNG AG, die übrigens der hochprofitablen EnBW (Energie Baden-Württemberg) gehört, häufen sich mittlerweile Milliardenverluste an, die die Mutter gerne an den Steuerzahler abschieben möchte.

Die Übernahme der Mehrheitsanteile von Uniper und VNG zu einem symbolischen Preis mit anschließender Kapitalerhöhung dürfte wohl recht problemlos über die Bühne gehen, weil die bisherigen Haupteigentümer EnBW und der finnische Energiekonzern Fortum, ihre mittlerweile ungeliebten Beteiligungen schnellstens loswerden wollen.

Komplizierter sieht es im Fall SEFE aus. Denn diese Firma wurde Ende März von Gazprom an eine obskure russische Holding namens “Joint Stock Company Palmary” übertragen und steht seitdem ebenfalls unter zwangsweiser Treuhandverwaltung in Deutschland. Sollte tatsächlich eine Enteignung erfolgen, was theoretisch bei “überragendem öffentlichem Interesse” möglich wäre, so steht der JSC Palmary eine gesetzliche Entschädigung zu. Angesichts der durchaus werthaltigen Aktiva von SEFE, wie Gasspeicher, Pipelinenetze und ähnlicher Infrastruktur, dürfte hier eine erkleckliche Summe zusammenkommen, die dann in Putins Reich überwiesen werden müsste. Es sei denn, man schafft auf die schnelle ein neues Sondergesetz, und riskiert damit die nächste Eskalationsstufe.

Also, der Energiewinter hierzulande wird nicht nur kalt und teuer, sondern auch spannend…

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