400 Tote in 96 Stunden: Erster deutscher Landkreis simuliert Blackout

Deutschlands Kommunen machen ernst – und bereiten sich auf die konkreten Folgen eines flächendeckenden Stromausfalls vor. Was bei einem Blackout droht, hat der hessische Rheingau-Taunus-Landkreis als erster von 401 deutschen Kreisen und kreisfreien Städten detailliert von einer Berliner Spezialfirma untersuchen und simulieren lassen, um für den immer wahrscheinlicher werdenden Fall vorbereitet zu sein.

Demnach wäre schon innerhalb von 96 Stunden mit 400 Toten zu rechnen. Nach 24 Stunden würden Nutztiere sterben, Umspannwerke ausfallen und Wasserbehälter leerlaufen. Dann würden Plünderungen, Brände und ein wirtschaftlicher Schaden in dreistelliger Millionenhöhe drohen. Anders als Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hält Kreisbrandinspektor Christian Rossel die Gefahr eines Blackouts derzeit für wesentlich wahrscheinlicher als einen Gasmangel, der auch nicht solch dramatische Folgen hätte, auch wenn man sich darauf ebenfalls vorbereite.

Bei einem flächendeckenden Stromausfall funktioniere jedoch nichts mehr. Zuerst würden Internet, Festnetztelefonie und Heizungsanlagen ausfallen, dicht gefolgt von Mobilfunknetz und Digitalfunk. Tankstellen hätten kein Benzin mehr, elektronische Geld- und Bezahlsysteme würden ausfallen, Lebensmittel könnten nicht mehr gekühlt werden. Wie lange Kliniken, Pflegeeinrichtungen und die Wasserver- und entsorger aushalten könnten, hänge von deren jeweiliger Ausstattung ab. Rossel stellte klar, dass der Landkreis die Stromversorgung nicht sicherstellen könne. Wie Landsberg rät er den Bürgern, sich mit Lebensmitteln und Trinkwasser einzudecken.

Der Kreis werde dafür sorgen, dass Verwaltung und Katastrophenschutz funktionieren würden, damit die Notfallhilfe koordiniert werden könne. Dafür habe die „Betriebsmittelsicherheit“, um Strom für Server und satellitengestützte Kommunikationssysteme für die Krisenstäbe sicherzustellen. Das derzeitige Notstromaggregat könne 16 Stunden im Dauerbetrieb laufen. Da jedoch auch Polizei, Feuerwehren und Rettungskräfte mehrere 10.000 Liter pro Tag benötigen würden, stehe man in Verhandlungen mit Heizöl-Lieferanten. 

All diese Szenarien zeigen ein Land, das durch eine ideologiegetriebene Politik und jahrzehntelange Vernachlässigung wichtiger Infrastruktur im Ernstfall vor dem völligen Zusammenbruch steht.   

Die Gefahr eines flächendeckenden Stromausfalls ist inzwischen so bedrohlich geworden, dass auch Gerd Landsberg, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), die Bürger eindringlich aufgefordert hat, sich für 14 Tage mit Wasser- und Lebensmittelvorräten einzudecken. Man solle sich, so Landsberg, bewusst machen, dass bei einem Stromausfall kein Wasser fließe, man nicht tanken könne und sein Handy nach zwei Tagen nicht mehr laden könne. Außerdem drohe wegen der geplanten Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke eine „Lastunterdeckung“, sodass in bestimmten Gegenden der gesamte Strombedarf Deutschlands nicht mehr gedeckt werden könne. Dann müssten große Stromverbraucher wie Industriebetriebe freiwillig oder gezwungenermaßen abgeschaltet werden.

Zudem befürchtet er Hackerangriffe und eine Überlastung des Stromnetzes – nicht zuletzt durch die 650.000 Heizlüfterdie in diesem Jahr verkauft wurden, falls die Gasversorgung ausfällt. Landsberg beklagt, dass Deutschland „in keiner Weise“ auf ein solches Szenario vorbereitet sei. Zwar habe die Bundesregierung die Gefahr erkannt, tue aber zu wenig.Auch die Bevölkerung folge kaum den Empfehlungen des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Noch im Juli hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck getönt„Fakt ist: Wir haben aktuell ein Gasproblem, kein Stromproblem.“ Die Aussage war damals Teil seiner Propagandastrategie, um den Weiterbetrieb der drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke zu verhindern.

Damit hatte Habeck erst einen Großteil der 650.000 Bürger zum Kauf der Heizlüfter gedrängt, von denen DStGB-Chef Landsberg nun befürchtet, dass sie dem deutschen Stromnetz den Rest geben werden. Der bundesweite „Warntag“, an dem das Funktionieren der Katastrophenschutzmaßnahmen durch einen Probealarm getestet werden soll, findet dieses Jahr am 8. Dezember statt – obwohl er eigentlich jedes Jahr am zweiten Donnerstag im September vorgesehen ist.

Der letzte Versuch vor zwei Jahren, am 10. September 2020, war allerdings kläglich gescheitert, weil nicht einmal die Warn-Apps funktionierten. Bei einem tatsächlichen Katastrophenfall wären viele Bürger folglich gar nicht gewarnt worden (so, wie es dann ein Dreiviertel Jahr später im Ahrtal und im südlichen Nordrhein-Westfalen bei der Jahrhundertflut auch eintrat).

Das Bundesinnenministerium hatte den Probealarm als „fehlgeschlagen” bezeichnet. Ein Sprecher der Münchner Feuerwehr hatte damals erklärt, in der Stadt gebe es schon seit Jahren keine Sirenen mehr, weil sie nach dem Ende des Kalten Krieges abgebaut worden seien. Dasselbe gelte für weite Teile Berlins. 2021 hatte man ganz auf den Warntag verzichtet, weil das BBK zuvor eine „umfassende Testlandschaft” aufbauen sollte. Der diesjährige Warntag wurde auf Dezember verschoben, um den Cell Broadcast testen zu können. Dabei handelt es sich um ein System, bei dem alle Handynutzer, die sich zu einem bestimmten Zeitpunkt im Bereich einer Funkzelle aufhalten, eine Mitteilung erhalten, die wie eine SMS aussieht. Anders als bei den Warn-Apps „Nina“ und „Katwarn“, die 2020 versagt hatten, werden damit auch Menschen ohne Smartphone erreicht.

Angesichts der heutigen Zustände in Deutschland kann man nur noch hoffen, dass zumindest dieses System funktionieren wird.

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