Lebensmittel-Teuerung: Bei uns muss die Hausfrau heulen, in Russland spürt man nichts davon

Im Monatstakt wollen uns die Regierenden in Brüssel, Washington und Wien neu einreden, dass die nächste Stufe der EU-Knieschuss-Sanktionen gegen Russland nun aber endlich Wirkung zeigen werde, jetzt aber ganz bestimmt und wirklich! Nun, wirken tun sie auch, zumindest bei uns.

Denn obwohl die offiziell gemessene Inflationsrate im Dezember mit 10,2% geringfügig zurückgegangen ist, kennen die Preise für Grundnahrungsmittel, Strom und Gas nur eine Richtung: weiter steil nach oben. Die Energieversorger scheren sich einen Teufel um Strompreisbremse und Staatszuschuss zu den Netzentgelten und erhöhen weiter unverfroren Preise und vor allem Abschlagszahlungen. So hat z.B. die oberösterreichische Energie AG per 1. Jänner die Vorauszahlungen, die sie jeden Monat von ihren privaten Stromkunden verlangt, um rund 30% erhöht. Die staatliche Strompreisbremse wird dabei vollkommen ignoriert. Und das, obwohl die Strompreise an der Börse seit Wochen stark rückläufig sind.

Ähnliches gilt bei den Grundnahrungsmitteln, wie Butter, Mehl, Pflanzenöl, Zucker und Nudeln. Basisprodukte des alltäglichen Bedarfs, bei denen für den Normalkonsumenten nun wirklich keine Einsparungen möglich sind. Es sei denn, man will verhungern. Der Preismonitor der Arbeiterkammer (AK) Wien für Dezember 2022 zeigt hier aktuell +167% beim Preis von Sonnenblumenöl, +77% bei Butter, +91% bei Nudeln und +111% bei Mehl, Milch und Käse +35%, verglichen mit der Situation ein Jahr zuvor. Und dies wohlgemerkt bei den einfachsten Qualitäten, bei den Eigenmarken der Discounter und Supermärkte.

Wie sieht das nun im “Feindstaat” Russland aus?

Nach offiziellem Sanktions-Narrativ sollten dort ja gallopierende Inflation und Mangelversorgung die Bevölkerung auf die Barrikaden treiben und Putin aus dem Amt jagen. Um sich ein objektives Bild zu verschaffen, ließ der Autor, der berufsbedingt über sehr gut unterrichtete und höchst zuverlässige Quellen in Russland verfügt, im Mai letzten Jahres eine repräsentative Preisrecherche in typischen russischen Supermärkten durchführen (ZurZeit berichtete). Warenmangel oder exorbitante Preise waren seinerzeit nicht feststellbar.

Jetzt, 8 Monate später, haben wir diese Recherche wiederholt. In exakt den gleichen Supermärkten, mit genau den gleichen Warengruppen, und auch um einen Eindruck von derjenigen Inflation zu bekommen, die eine normale Hausfrau beim Wocheneinkauf spürt. Denn wir wollten wissen: was hat sich verändert, wird es nun in Russland vielleicht doch knapp und teuer?

Russland: Auswahl wie bisher

Und das Resultat ist in der Tat schockierend für unsereiner: Nicht nur von Mangel keine Spur. Die Auswahl ist riesig, auch westliche Marken wie z.B. Barilla-Nudeln und Feinkost, Bonduelle-Konserven, Maggi-Produkte oder Franziskaner Weissbier sind vielfältig verfügbar. Nein, auch die Preise sind teilweise niedriger als bei uns. Und bei bestimmten Produktklassen wie z.B. Sonnenblumenöl oder Milchprodukte sogar billiger als noch im letzten Mai.

Ein paar Beispiele: Sonnenblumenöl, 1 Liter Supermarkt-Standardmarke: 68 Rubel entsprechend ≈ 0,91 Euro, gegenüber Mai ’22 um 32% billiger. Bei uns kostet das gleiche Produkt beim Discounter zur Zeit etwa 3,20 €, mehr als das Dreifache und ein echter Luxuspreis. Frischmilch, Vollfett-Premium Qualität in der Glasflasche 1 Liter 79 Rubel ≈ 1,05 €, ca. 7% billiger. Tomaten Klasse 1, lose, 159 Rubel pro kg ≈ 2,12 €, rund 6% günstiger als Mitte Mai. Käse und Wurst in Bedienung (Feinkost) sind in etwa unverändert, wobei die Käsepreise je nach Sorte und Herkunftsland zwischen umgerechnet 6,- und 25,- €/Kg varieren. Interessant die Nudeln der italienischen Premium-Marke Barilla: Die sind nicht nur in reicher Auswahl vorhanden, sondern sogar noch billiger als im österreichischen Handel: Die 500g-Packung Barilla Farfalle kostet regulär (kein Sonderangebot) 139 Rubel, also 1,85 Euro. In den Regalen einer gelb-roten Supermarktkette Österreichs stehen diese aktuell mit 1,99 € zum Verkauf.

Wem das noch nicht reicht, hier zum Schluss die aktuellen Treibstoffpreise von gestern, gesehen an einer LUKOIL Markentankstelle (vergleichbar der OMV in Österreich). Super 95: 53,38 RUB/Liter, entsprechend etwa 71 Cent, Super Plus 100: 60,05 RUB ≈ 80 Cent, der Liter Diesel 58,18 RUB ≈ 0,775 €/Liter. Da kommen dem Autofahrer bei uns die Tränen. Wobei auch an den russischen Tankstellen die relative Knappheit von Diesel am Weltmarkt durchschlägt, denn mit Verlust verkaufen wollen auch Russlands Ölkonzerne nicht, trotz aller angeblichen Liebe zu Putin. Im Mai noch kostete Diesel rund 14% weniger. Übrigens lag die offizielle Inflationsrate in Russland im Dezember bei 11,9%, laut dem russischen Statistikamt Rostat, und damit etwas höher als in Österreich. Aber eben nicht bei den Gütern des täglichen Bedarfs.

Der interessierte Leser kann die hier genannten Tatsachen selbst an Hand der publizierten Fotos verfizieren und auch mit den entsprechenden Bildern in unserem Report vom Mai letzten Jahres vergleichen.

Alle Aufnahmen wurden in den vergangenen Tagen in einem typischen Supermarkt der Perekrjostok-Gruppe (russisch Перекрёсток) einer mittelgroßen Industrie- und Universitätsstadt ca. 450 km südöstlich von Moskau gemacht. Die Perekrjostok-Märkte, der größten Handelskette Russlands, sind von Größe, Sortiment und Marktpositionierung in etwa mit den Eurospar-Märkten in Österreich zu vergleichen. Die Umrechnung der Preise erfolgte zum Mittelkurs der letzten 30 Tage von 75 Rubel per Euro.

https://zurzeit.at/index.php/lebensmittel-teuerung-bei-uns-muss-die-hausfrau-heulen-in-russland-spuert-man-nichts-davon/