Entzug des Schweizer Bürgerrechts: Gericht bestätigt Entscheid gegen Islamist

Es war korrekt und verhältnismässig, einem Beschwerdeführer mit islamistischem Hintergrund die Schweizer Staatsbürgerschaft zu entziehen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen Ende Mai entschieden. Am Donnerstag hat es sein Urteil veröffentlicht. Das Gericht bestätigt damit den Entscheid des Staatssekretariats für Migration (SEM) vom September 2019. Das SEM hatte das Verhalten des türkisch-schweizerischen Doppelbürgers als unvereinbar mit der geltenden Verfassungsordnung erachtet und ihm den Schweizer Pass weggenommen. Erstmals wurde damit in der Schweiz eine Einbürgerung rückgängig gemacht.

Im Jahr 2017 hatte das Bundesstrafgericht den heute 37-Jährigen wegen Unterstützung der Terrorgruppe Jabhat al-Nusra verurteilt. Nach einer Untersuchung der Bundesanwaltschaft setzte das Gericht im abgekürzten Verfahren eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten fest, wovon der Mann ein halbes Jahr in Haft verbrachte. Danach wurde ihm das Schweizer Bürgerrecht entzogen. Dagegen hat er Beschwerde eingelegt.

Mit seiner Familie war der Beschwerdeführer 1989 aus der Türkei in die Schweiz gelangt und hatte sich im Tessin niedergelassen. Er erlangte eine Berufsmaturität, 2008 erhielt er die Schweizer Staatsangehörigkeit. Zwischen 2014 und 2017 soll aber auch eine islamistische Radikalisierung stattgefunden haben. Für die Gruppe Jabhat al-Nusra soll er laut Gerichtsakten in der Schweiz, in Italien und in der Türkei um Mitglieder geworben und an propagandistischen Aktionen teilgenommen haben.

Gestützt auf Erkenntnisse der internationalen Gemeinschaft stuft das Bundesverwaltungsgericht Jabhat al-Nusra als terroristisch aktive kriminelle Organisation mit Verbindungen zu al-Kaida ein. Das Gericht ist der Auffassung, dass «die religiöse und ideologische Propaganda des Beschwerdeführers darauf abzielte, radikale Muslime hervorzubringen (potenzielle Jihadisten), die nach Syrien geschickt werden konnten, um an der Seite der Gruppe Jabhat al-Nusra zu kämpfen».

Zudem habe er die Entsendung zweier «foreign fighters» nach Syrien unterstützt. Mit diesen Handlungen habe der Beschwerdeführer «der Souveränität, der Neutralität und der Diplomatie der Schweiz erheblich geschadet», schreibt das Gericht. Die Unterstützung der ausländischen Kämpfer habe zudem die «innere und äussere Sicherheit» gefährdet.

Damit folgt das Bundesverwaltungsgericht den Argumenten des Staatssekretariats für Migration. Der Entzug des Bürgerrechts sei verhältnismässig, schreibt das Gericht im Urteil. Mit den verübten Aktivitäten habe der Beschwerdeführer das Vertrauen gebrochen, das die Schweiz bei der Verleihung der Staatsangehörig in ihn gesetzt habe. Ähnliche Aktivitäten vor der Einbürgerung hätten mit grösster Wahrscheinlichkeit zu einer Ablehnung des Gesuchs geführt, steht im Urteil.

Ohnehin ist der Entzug der Schweizer Staatsbürgerschaft bei entsprechenden Handlungen vom Gesetzgeber ausdrücklich festgehalten. Das öffentliche Interesse nach Sicherheit überwiege das private des Beschwerdeführers, das stehe auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. «Diese Massnahme ist zur Erreichung des verfolgten Zieles notwendig, weil es keine weniger einschneidenden gesetzlichen Massnahmen gibt», schreibt das Bundesverwaltungsgericht in einer Medienmitteilung.

Im besten Fall soll der Entzug des Bürgerrechts «eine abschreckende Wirkung» auf das gegenwärtige und zukünftige Verhalten des Beschwerdeführers haben, um die grundlegenden Interessen des Staates zu wahren. Mit dem Entzug wird er wieder dem Ausländerrecht unterstellt. Das Urteil kann beim Bundesgericht angefochten werden.

https://www.nzz.ch/schweiz/gerichtsurteil-islamist-wird-schweizer-buergerrecht-entzogen-ld.1629669